StZ: Geisterhäuser trotz akuter Wohnungsnot
Leerstehendes Haus in Plieningen – Ein direkter Anwohner lebt seit zehn, ein anderer seit 14 Jahren dort. Beide eint: Seit sie dort wohnen, steht das Haus leer. Unerträglich!
Leerstehendes Haus in Plieningen – Ein direkter Anwohner lebt seit zehn, ein anderer seit 14 Jahren dort. Beide eint: Seit sie dort wohnen, steht das Haus leer. Unerträglich!
Das größte deutsche Wohnungsunternehmen Vonovia hat das Zeug, mit seiner Politik, über Modernisierungen das Mietpreisniveau in ihren Immobilien zu heben, Stuttgart 21 als Feindbild Nummer 1 für Teile der Stadtgesellschaft abzulösen. Sowohl bei einer Info-Veranstaltung am Freitag im Gewerkschaftshaus mit 100 erbosten Mietern als auch beim „Mietenpolitischen Ratschlag“ der Linken von Bund und Stadt am Samstag im Rathaus wurde das Potenzial deutlich, das bei einer optimierten Informationspolitik und besserer Vernetzung von Mietern, deren Initiativen, von Mietervereinen und Parteien gehoben werden könnte.
Viele Teilnehmer, die sich mit Schauergeschichten über ihren Vermieter zu überbieten versuchten, hatten bis zur Veranstaltung nicht einmal geahnt, wie groß der Kreis von Leidensgenossen ist; dass es fachliche Hilfe und tausend Möglichkeiten gibt, sich erfolgreich zu wehren. Was sie allerdings an dem Abend verstanden haben: dass sich Widerstand organisieren lässt.
Kritisiert wurde aber nicht nur Vonovia mit seinen mehr als 400 000 Wohnungen, sondern auch die Politik, denn sie nutze ihre Möglichkeiten nicht, die Vermieter in ihre Schranken zu weisen und ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann hält eine maximale Mietpreiserhöhung in Höhe der Inflationsrate für ausreichend, Ursel Beck von der Stuttgarter Mieterinitiative fordert einen Mietpreisstopp, und der Linken-Bundesparteichef Bernd Riexinger sagte, langfristig müsste die Mieten sogar wieder sinken. OB Fritz Kuhn (Grüne), so heißt es in einem Flugblatt, breite den Immobilienhaien dagegen den „roten Teppich“ aus. Über Vonovia habe er sich jedenfalls noch nicht kritisch geäußert.
Knut Unger, Mietervereinsmitarbeiter aus Nordrhein-Westfalen, nimmt dagegen kein Blatt vor den Mund. Er spricht von „systematischer Täuschung“ der Mieter. So sei jede Betriebskostenabrechnung falsch, und das Jahr für Jahr. Er rührt mittlerweile nicht mehr nur bundes-, sondern europaweit die Werbetrommel, um den Widerstand besser zu vernetzen.
Auch der Protest gegen Stuttgart 21 sei so entstanden, hieß es bei diesen Veranstaltungen. Bernd Riexinger träumt schon „von 100 000 Menschen vor dem Kanzleramt“, die für drastische Maßnahmen gegen die Wohnungsnot protestieren. Die anstehenden Kommunalwahlen bieten aus Sicht der Mieterinitiativen die Chance, den Druck auf die Parteien zu erhöhen.
Weil sich allein im Nordbahnhofgebiet 1300 von rund 2300 Wohnungen der Vonovia befinden, hat die Fraktionsgemeinschaft von SÖS/Linke-plus vor der Sommerpause vorsorglich beantragt, Milieuschutzsatzungen für das Gebiet Friedhof- und Mönchstraße zu beschließen. In einem Hochhaus außerhalb des Satzungsgebiets hatten Mieter die Modernisierungen nicht verhindern können. Nun müssen sie auf einer Großbaustelle leben und hinterher mehr Miete bezahlen. Für viele bedeutet so eine Maßnahme den K. O., da die Kosten auf die Miete aufgeschlagen werden dürfen. Nach etwa elf Jahren ist die für den Vermieter steuerlich absetzbare Maßnahme zur Werterhöhung vom Mieter finanziert. Er muss den Erhöhungsbetrag aber immer weiter bezahlen. So will es der Gesetzgeber.
Die Stadt wird alle möglichen Quartiere mit umfassendem Eigentum der Vonovia auf Indikatoren untersuchen, die eine Veränderung erwarten lassen. Für CDU-Stadtrat Philipp Hill ist die Milieuschutzsatzung ein „stumpfes Schwert“, weil sich nur Luxussanierungen verhindern ließen. Tatsächlich muss eine Modernisierung genehmigt werden. Sie gilt als sinnvoll und anmessen, sofern nur eine „durchschnittliche Wohnung zeitgemäß ausgestattet wird oder die Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt werden sollen. In Berlin verärgern die Bezirke aktuell die Vermieter mit eigenen Kriterien und definieren selbst, welche Ausstattung zeitgemäß erscheint. Ob die Beamten damit vor Gericht durchkommen, ist unklar.
Knut Unger, der Stachel im Fleisch von Vonovia, hat bei seinem Vortrag über die Möglichkeiten, dem Vermieter die Stirn zu bieten und ihn trotz Drohbriefen und anrückenden Handwerkern mit legalen Mitteln alt aussehen zu lassen, in staunende Gesichter geblickt. „Das habe ich alles nicht gewusst“, sagte eine Frau aus Ostfildern, der seit Monaten das Wasser durch die Decke tropft. Sie kündigte an, sofort alle Nachbarn zu informieren und zu mobilisieren.
“Der Wohnungsmarkt in Stuttgart wird immer verrückter. Eine Wohnungsanzeige für ein Zehn-Quadratmeter-Zimmerchen im Stuttgarter Westen schießt jetzt aber den Vogel ab. 450 Euro will der Vermieter dafür haben – und da sind die Nebenkosten noch nicht mal eingerechnet.”
Die Aktion der Hausbesetzung in Stuttgart-Heslach war vielleicht nur Symbolpolitik. Und doch ist dadurch ein neues Problembewusstsein geschaffen worden, sagt Redakteurin Christine Bilger.
Es ist vorbei, die Wohnungen sind wieder leer. Die Familien sind wieder dort, wo sie vorher nicht gut gelebt haben – in zu engen Verhältnissen, aus denen sie raus wollten. Wem hat der Monat der Besetzung nun am Ende etwas gebracht? Ist dadurch irgend ein Problem gelöst, von denen es etliche auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt gibt?
Die Antworten auf diese Fragen sind nicht einfach. Direkt gebracht hat es den Familien nichts, die dort einzogen. Sie haben sich dadurch keinen legalen Mietvertrag erstreiten können. Zudem haben sie sich – sehenden Auges – Strafanzeigen eingehandelt. So legitim ihr Anliegen war, illegal war ihre Methode dennoch. Zugleich haben sie sich auch noch anhören müssen, lediglich Marionetten eines politischen Strategiespiels zu sein.
Und doch hat sich durch die Aktion etwas bewegt. Die Besetzer haben viel Unterstützung aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen erfahren und somit viele Menschen für das Thema sensibilisiert. Die Diskussion über die Wohnungspolitik in der Stadt nimmt nun neue Fahrt auf. Das Thema Leerstand muss auf die Agenda. Das war zwar schon klar, wird aber nun drängender.
Die Aktion war vielleicht nur Symbolpolitik. Und doch ist dadurch ein neues Problembewusstsein geschaffen worden. Das muss man einräumen, gleich wie man zu den Methoden der Besetzer aus der Wilhelm-Raabe-Straße steht.
Wien zeigt mal wieder dass es Alternativen gibt: Bei neuen Bauprojekten müssen Zwei Drittel Sozialwohnungen sein. Dazu gibt es eine gesetzte Nettohöchstmiete von fünf Euro pro Quadratmeter bei den geförderten Wohnungen. Auch die österreichische Hauptstadt hat mit steigenden Einwohnerzahlen zu kämpfen. Damit Wohnen bezahlbar bleibt, hat die Stadtregierung eine neue Bauordnung erlassen – mit drastischen Vorschriften.
Im Kampf um bezahlbare Mieten fördert die österreichische Hauptstadt Wien den sozialen Wohnungsbau mit einem drastischen Schritt.
Bei künftigen Bauprojekten darf nur noch ein Drittel der Wohnnutzfläche frei finanziert werden, zwei Drittel der Fläche bleiben geförderten Wohnungen vorbehalten. Die am Donnerstag vom Wiener Landtag beschlossene Regelung sieht auch eine Nettohöchstmiete von fünf Euro pro Quadratmeter bei den geförderten Wohnungen vor.
Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal erklärte, man bekämpfe damit die Hauptursache der Kostenexplosion beim Wohnen, nämlich die Spekulation mit Grund und Boden, und schaffe dadurch mehr leistbaren Wohnraum.
Kritik kam vom Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbund. Damit werde die Fortführung der bisher regen Bautätigkeit in Wien zunichte gemacht. Auch die Wirtschaftskammer erklärte, viele Projekte würden sich nun nicht mehr rechnen. Bisher war bei Neubauprojekten jeweils die Hälfte der Fläche als sozialer Wohnungsbau auszuweisen.
Das rot-grün regierte Wien hat eine lange Tradition im sozialen Wohnungsbau, die in die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg zurückreichen. Derzeit leben in der knapp zwei Millionen Einwohner zählenden Stadt rund 500.000 Menschen in geförderten Wohnungen.
Den folgenden Beitrag haben wir der Website vom MDR entnommen, Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/politik/ausland/wien-foerdert-sozialen-wohnungsbau-100.html?fbclid=IwAR333BciGYI7jDdP_HqPejcC023sHrXXV4zzP-7_58KaMuqsBC9LG-9zY7Y
Das Immobilienunternehmen Vonovia plant in Stuttgart die Modernisierung hunderter günstiger Wohnungen. Die Mieten steigen danach kräftig. Es hagelt Vorwürfe und Proteste – doch es gibt keine rechtliche Handhabe.
Stuttgart – Ursula Kienzle blickt fassungslos auf das Schreiben in ihrer Hand. Ihr Vermieter, das Bochumer Wohnungsunternehmen Vonovia, teilt ihr mit, dass das Hochhaus in der Friedhofstraße, in dem sie lebt, modernisiert wird. „Unsere Kunden sollen sich bei Vonovia wohlfühlen“, heißt es in dem Brief, den die 80 Mieter bekommen haben. Von Juni bis Februar soll einiges gemacht werden – von der neuen Sprechanlage bis zum Austausch der Aufzugskabinen.
Doch die helle Begeisterung ruft das bei den Bewohnern des Gebäudes am Rande des Nordbahnhofsviertels nicht hervor. „Das ist eine Luxussanierung, die die Kosten hochtreibt“, sagt Ursula Kienzle. Denn Teile der Baumaßnahmen werden auf die Mieter umgelegt.
Die Rentnerin soll künftig statt 417 Euro Kaltmiete für ihre 53 Quadratmeter große Wohnung 653,40 Euro bezahlen. Eine Steigerung um satte 63 Prozent. „Das kann ich mir nicht leisten. Ich wüsste dann nicht wohin, denn eine andere günstige Wohnung zu finden, ist aussichtslos.“ So geht es hier vielen.
Für die Rentnerin, die in den 17 Jahren an dieser Stelle diverse Eigentümerwechsel erlebt hat, ist die Vonovia „die schlimmste Heuschrecke von allen“. Und sie ärgert sich über die Politik: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Solchen Konzernen müsste man das Handwerk legen. Doch die Regierung schaut nur zu.“ Und auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn kommt nicht gut weg: „Bei dem passiert in Sachen Wohnungsmarkt gar nichts.“
Vonovia plant nicht nur eine Modernisierung in der Friedhofstraße. Von ihren in Stuttgart bewirtschafteten 4606 Wohnungen sollen allein in diesem Jahr 279 modernisiert werden – auch in der Augsburger Straße samt Aufstockung der Gebäude oder in der Nagoldstraße. Das Problem dabei: Aus günstigen Wohnungen, die in Stuttgart Mangelware sind, werden teure.
Derzeit formiert sich bundesweit Protest. Am Dienstag, dem Vorabend der Hauptversammlung der Vonovia, sind an mehreren Orten Kundgebungen angekündigt. In Stuttgart rufen eine Mieterinitiative und der Mieterverein um 18 Uhr zur Protestversammlung vor dem Hochhaus Friedhofstraße 11 auf. Vorwürfe gibt es viele. So soll sich das Unternehmen auch nicht an die Mietpreisbremse halten und Wohnungen überteuert anbieten. „Bei der Vonovia geht es um Maximierung der Rendite auf Kosten der Mieter“, sagt der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann. „Für die Menschen, meist einfache Leute und Rentner, ist das eine Katastrophe. Die will man raushaben“.
Rechtlich dagegen vorzugehen ist schwierig. Bei Modernisierungen legt der Mieterverein häufig Sozialwiderspruch gegen die Mietsteigerungen ein. Ein schwieriger Weg. Selbst bei Überschreiten der Mietpreisbremse gibt es aber kaum Handhabe: Der Mieter, der eben erst eingezogen ist, müsste sofort gegen seinen Vermieter vorgehen.
Der Mieterverein ist nicht klageberechtigt. Es handelt sich zudem um keine Ordnungswidrigkeit, es ist kein Bußgeld vorgesehen. Das bestätigt man auch beim Amt für Liegenschaften und Wohnen: Der Mieter selbst müsse handeln. Das tut aber kaum einer. Der Vonovia sei bisher kein einziger Verstoß nachzuweisen gewesen.
Bei der Vonovia handelt es sich mit weitem Abstand um das größte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Der Bestand liegt aktuell bei rund 350 000 Einheiten. Sie ist im Südwesten, spätestens seit dem Kauf der ehemaligen LBBW-Wohnungen vom ersten Käufer Patrizia, stark vertreten.
„Ein Wohnungsunternehmen dieser Größe gab es früher in Deutschland nicht“, berichtet Daniel Zimmermann. Er ist beim Deutschen Mieterbund als Koordinator für große Wohnungsunternehmen für die Belange der Mieter von Vonovia und Co. zuständig. Insgesamt sei der Sektor professioneller und börsennotierter Vermieter in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen, so Zimmermann. „Das Kartellamt hat bei diesen großen Fusionen bislang nie Bedenken gehabt“, sagt er.
Doch für ungefährlich hält der Fachmann diese Entwicklung trotzdem keineswegs. Zwar reiche der Marktanteil von Vonovia nicht aus, um insgesamt eine beherrschende Stellung einzunehmen, doch das Unternehmen kaufe besonders häufig Bestände an günstigen Wohnungen geballt auf. „In einzelnen Quartieren oder Stadtteilen sind die Auswirkungen dann natürlich sehr deutlich zu spüren“, sagt der Mann vom Mieterbund.
Dabei seien Überschreitungen der Mietpreisbremse nicht das Hauptphänomen. „Das eigentliche Problem ist, dass Vonovia den großen Modernisierer gibt“, erklärt Zimmermann. „Die Mietpreisbremse etwa gilt nicht, wenn eine Wohnung energetisch saniert wird“, so der Experte. Und: „Elf Prozent der Kosten lassen sich später jedes Jahr auf die Mieter abwälzen.“
An den nun kräftig erhöhten Mieten der sanierten Objekte verdiene das Unternehmen gutes Geld, sagt Zimmermann. Den Bewohnern bleibe in aller Regel nur die Option, sich auf einem überhitzen Markt wie Stuttgart vergeblich nach einer günstigeren Bleibe umzusehen oder die Mietererhöhung zähneknirschend hinzunehmen.
Dabei ist der Wachstumskurs der Vonovia längst noch nicht beendet. Nach zahlreichen Übernahmen anderer Wohnungsunternehmen breitet sich der Konzern inzwischen über Deutschland hinaus aus. Nach zwei Übernahmen in Österreich und einer Partnerschaft in Frankreich hat der Konzern nun ein Übernahmeangebot im Wert von rund 900 Millionen Euro an ein schwedisches Wohnungsunternehmen gemacht.
„Uns ist bewusst, dass jede Modernisierung mit Belastungen für unsere Kunden verbunden ist“, sagt eine Vonovia-Sprecherin. Man arbeite „hart daran, sowohl die Bautätigkeit als auch die mit einer Modernisierung verbundene Mietsteigerung so kundenorientiert wie möglich zu gestalten und zu erläutern, was wir tun“. Die Vorwürfe weist das Unternehmen zurück: Man halte sich an die gesetzlichen Vorgaben, auch bei der Mietpreisbremse.
„Nach Modernisierungen bleiben wir im Durchschnitt deutlich unter der Umlage von elf Prozent, die der Gesetzgeber derzeit maximal vorzieht. Vonovia führt keine Luxusmodernisierungen durch“, sagt die Sprecherin. Außerdem gebe es ja eine qualitative Verbesserung.
Und: „Wir möchten, dass unsere Mieter bei uns wohnen bleiben können.“ Persönliche und auch wirtschaftliche Härten im Zusammenhang mit der Modernisierung nehme man „sehr ernst“ und versuche, „im Einzelfall Lösungen dafür zu finden“.
Ob das Ursula Kienzle und vielen anderen Mietern in Stuttgart hilft, bleibt offen.Neben den höheren Kosten denkt sie derzeit vor allem an eines: „Mir graust es vor dem ganzen Lärm und Dreck.“
Pressespiegel:
REGIO-TV: Stadträte wegen Hausfriedensbruch verurteilt
Stuttgarter Zeitung: OB-Kandidat Rockenbauch vor Gericht
Videoaufruf von Hannes vor dem Prozess:
Erklärung von Stadtrat Tom Adler (Download)
Meine Damen und Herren,
zu den rein rechtlichen Detailfragen der Anzeige der Familie Passy gegen mich und meine Kollegen Rockenbauch und Pantisano haben unsere Anwälte schon Stellung genommen.
Ich sehe aber, daß die Anzeigen gegen uns nur ein kleiner Teil der Anzeigen und Prozesse ist, mit der die Eigentümerfamilie seit fast 2 Jahren
- die eigenen Mieter*innen überzieht, die noch in der Wilhelm Raabestr. 4 wohnen,
- und die 2 kleinen Familien von Adriana Uda und Rosevita Thomas schon überzogen hat, die beide dringend Wohnraum gebraucht hatten und deshalb in die leerstehenden Wohnungen eingezogen sind.
In Wohnungen die die Familie Passy leer stehen ließ – obwohl beim Amt für Wohnungswesen über 4000 Menschen als dringend wohnungssuchend registriert sind, 2500 als Notfälle, obwohl hunderte Alleinerziehende und Familien mit Kindern oft jahrelang in Sozialpensionen und Notunterkünften untergebracht werden müssen und kaum Chancen haben dieser Notlage zu entkommen, weil es die bezahlbaren Wohnungen immer weniger gibt.
Eine hilflose Stadtverwaltung muss noch immer zuschauen, wie solche Spekulanten gar nicht vermieten müssen, sie brauchen nur so zu tun, als würden sie ein Haus in Stand setzen lassen. Seit 3 Jahren stehen die für einen Monat „belebten“ Wohnungen leer…
Sie können einfach nur zuschauen – zuschauen, wie durch Entmietung die steigenden Immobilienpreise ihr Vermögen Monat für Monat immer weiterwachsen lassen, während andere vergeblich nach einer bezahlbaren Bleibe suchen.
Sie bringen uns vor Gericht wegen angeblichem Hausfriedensbruch, während Sie den Hausfrieden der Hausgemeinschaft WRS4 täglich gebrochen haben, durch verbarrikadierte Zugänge, durch Wachdienste im Haus, und rechtswidrig angebrachte Videoüberwachungskameras.Artikel 14 Grundgesetz lautet: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ Für die Eigentümer der Wilhelm-Raabe-Str 4 ist das offenbar nur eine unverbindliche Empfehlung.
Es ist schlicht obszön, wie Sie nicht nur uns, sondern gleichzeitig die letzte Mieterfamilie im Haus vor Gericht zerren, einer Familie mit Kindern das Dach überm Kopf nehmen wollen – mit der Behauptung, dass diese Mieter-Familie die Belebung des leerstehenden Wohnraums in der WRS4 richtig gefunden habe. Deutlicher kann man nicht zeigen, worum es Ihnen geht: was sie erreichen wollen, ist: dass Solidarität vor Gericht steht!
In allen Fällen, die die Eigentümerfamilie Passy inzwischen vor Gericht gezogen hat und immer noch zerrt – bei den Besetzern, bei den Mieter*innenfamilien und auch bei uns heute – geht es um nichts anderes als diesen Versuch, Solidarität zu kriminalisieren.
Und in unserem Fall hat dieser Versuch schon auch groteske Züge. In der Wilhelm-Raabe-Str4 haben sich in diesen 4 Wochen, als der von der Familie Passy zu verantwortende Leerstand belebt wurde, Journalist*innen und Fernsehteams die Klinke regelrecht in die Hand gegeben.
Zur selben Zeit, als wir mit Frau Uda vorlaufender Kamera ein Gespräch geführt haben.
Die öffentliche Kritik an Leerstand und der Tatenlosigkeit der Politik angesichts der Verdrängung von Menschen mit kleinen Einkommen aus ihren Vierteln war in Stuttgart stark, und das öffentliche Interesse, ja: die Sympathie mit der Besetzung war groß.
So etwas schmerzt Spekulanten.
Im Schriftsatz des Anwalts der Familie Passy wird nun ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie ausschließlich Strafanzeige wg unseres Interviews im live-Format Rockpolitik erstatten – sonst gegen niemand.
Dass unsere Berichterstattung aus der Wilhelm-Raabestr. Hausfriedensbruch sein soll, jede andre aber legal und legitim, offenbart die Haltung der Familie Passy:
Ihr Grund uns anzuzeigen ist unübersehbar ein politischer: unser Interview bringt Solidarität mit Adriana, Rosevita, Jörg und ihren Kindern zum Ausdruck. Es geht Ihnen darum, Solidarität zu kriminalisieren.
Es geht Ihnen, ja, offensichtlich auch um Rache dafür, dass sie in der Stuttgarter Öffentlichkeit als das gezeigt wurden, was sie sind: Spekulanten.
Für uns ist Wohnen ein Menschenrecht, verbrieft durch viele internationale Konventionen. Und wir unterstützen Menschen, die sich, wie in diesem Fall von spekulativem Leerstand – dieses Recht im Zweifelsfall auch nehmen – solange die Stadt dieses Menschenrecht nicht gewährleistet und die Spekulation mit Wohnraum durch Leerstand nicht unterbindet.
Möglich, dass die Familie Passy meint, mit ihrer Anzeige Solidarität tatsächlich kriminalisieren zu können. Aber seien Sie sicher: es wäre ein Pyrrhus-Sieg.
Denn die Solidarität wird angesichts der fortgesetzten Misere bei Mieten und Wohnraum nicht aufhören.
Sie ist ein urmenschliches Bedürfnis, anders als die Vermehrung von Privat-Vermögen auf Kosten von Mitmenschen und Gesellschaft.
Die Stuttgarter Presse hatte die Belebung des Leerstands in der Wilhelm-Raabe-Str4 seinerzeit einen „Weckruf aus Heslach“ für die Politik genannt.
Er hat auch in der Politik die Koordinaten ein klein bisschen zu Gunsten der Mieter*innen verschoben.
Und wir werden weiter solidarisch an der Seite von allen stehen, für die das Menschenrecht auf Wohnen einen höheren Rang hat als das Recht, mit Boden- und Wohnungsspekulation aus Geld noch mehr Geld zu machen.
Erklärung von Stadtrat Luigi Pantisano:
Sehr verehrte Frau Vorsitzende, Ich engagiere mich seit langer Zeit für menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen für alle Menschen. Die Mietpreise steigen in Stuttgart seit Jahren an und bezahlbare Wohnungen werden immer knapper. Die Stuttgarter*innen leiden mittlerweile unter den teuersten Mieten in ganz Deutschland.
4.700 Menschen stehen in Stuttgart auf der Vormerkdatei für Sozialwohnungen, davon 3.600 Dringlichkeitsfälle. 3.800 Studierende stehen auf Wartelisten für Studentenzimmer. Fast 8.000 Geflüchtete leben noch in Systemunterkünften. Gleichzeitig stehen in Stuttgart zwischen 3.000 und 11.000 Wohnungen leer.Diese Situation zwingt Stuttgarter*innen in die Wohnungslosigkeit oder in die Obdachlosigkeit, selbst Familien mit Kindern sind betroffen. So erging es auch Rosevita, als alleinerziehende Mutter und Adriana mit ihrem kleinen Kind. Die Not zwang sie, in die seit Jahren leerstehenden Wohnungen in der Wilhelm-Raabe- Straße 4 zu ziehen.In kenne eine solche Situation selber nur zu gut. Als ich ein Kind war, kündigte mir und meiner Familie der Vermieter unserer Wohnung wegen Eigenbedarfs. Meine Eltern, meine drei Geschwister und ich standen vor dem Nichts. Zwei Jahre lang putzten wir Klinken und bettelten um eine Wohnung. Ich war noch ein Kind von 10 Jahren, aber ich kann mich noch gut an die abfälligen Kommentare der vielen Vermieter erinnern. Niemand wollte eine italienische Familie mit vier Kindern und einem kleinen Einkommen als Mieter haben. Irgendwann lag die Androhung für die Zwangsräumung im Briefkasten.Dieser Tag hat sich in meinem Gedächtnis eingebrannt. Meine Eltern waren dadurch gezwungen, einen völlig überzogenen Kredit für eine kleine Eigentumswohnung aufzunehmen. Bis heute, über 30 Jahre später und im alter von 80 Jahren bezahlen sie noch immer Zins- und Zinseszins ab. Die Wohnung aus der wir ziehen mussten stand dann immer noch über 5 Jahre nach unserem Auszug leer.Auch Aufgrund meiner eigenen Erfahrung kann ich mich sehr gut in die Situation von Rosevita und Adriana hineinversetzen und so war es für mich selbstverständlich, mich mit ihnen zu solidarisieren.Es ist für mein politisches Handeln selbstverständlich, mit Menschen in das Gespräch zu suchen. Das gehört für mich zu einer Politik auf Augenhöhe. So wie es auch für mich dazu gehört mein Handeln öffentlich und transparent zu machen.Nicht Menschen die zustände verbessern wollen gehören verurteilt, sondern diejenigen, die völlig unberechtigt Wohnungen leer stehen lassen. Bis heute stehen die beiden Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 leer. Aus zwei leerstehenden Wohnungen sind mittlerweile sogar vier leere Wohnungen geworden und auch die letzten Mieter*innen sollen nun gehen. Alles – vermutlich – um das gesamte Haus meistbietend zu verkaufen für den größtmöglichen Profit.Wohnen ist laut Verfassung und der UN-Menschenrechtscharta zuallererst ein Menschenrecht und nicht eine Kapitalanlage für Investoren.Viele Journalisten waren vor uns bereits in den Wohnungen. Sie führten Gespräche mit den Bewohner*innen, auch um die Öffentlichkeit über die Notsituation auf dem Wohnungsmarkt aufzuklären. Das war richtig und wichtig.Ich habe das Gespräch mit den Bewohner*innen gesucht, um Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu demonstrieren und zum gesellschaftlichen Frieden beizutragen. Rosevita und Adriana waren in Not und ich wollte sie unterstützen.Recht und Gesetz wirken nicht in einem sozialen Vakuum. Ich bitte heute das Gericht, in diesem Sinne zu entscheiden und Rechtsfrieden zu schaffen.”
Meine Stadtratskollegen Hannes Rockenbauch, Thomas Adler und ich wurden heute vom Gericht zu jeweils 15 (Tom) und 10 Tagessätzen (Hannes und ich) wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Das ist ein mildes Urteil und nur ein Drittel von dem Strafmaß, welches die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Gut so!