MIETREBELLEN – Widerstand gegen den Ausverkauf der Stadt
Ein Dokumentarfilm von Gertrud Schulte Westenberg und Matthias Coers | 78 Min.
Der Film ist ein Kaleidoskop der Mieterkämpfe in Berlin gegen die Verdrängung aus den nachbarschaftlichen Lebenszusammenhängen. Eine Besetzung des Berliner Rathauses, das Camp am Kottbusser Tor, der organisierte Widerstand gegen Zwangsräumungen und der Kampf von Rentnern um ihre altersgerechten Wohnungen und eine Freizeitstätte symbolisieren den neuen Aufbruch der urbanen Protestbewegung.
Die Stadträte Tom Adler, Hannes Rockenbauch und Luigi Pantisano waren mit der Live-Sendung “Rockpolitik” am vergangenen Montag zu Besuch in der besetzten Wohnung in der Wilhelm-Raabe-Str. 4. Adriana, die mit ihrer jungen Familie in eine der besetzten Wohnungen eingezogen ist, hat ebenfalls teilgenommen und spricht u.a. über ihre Beweggründe zu der Besetzungsaktion.
Plötzlich gibt es Schäden am Haus: Das Treppenhaus wird demoliert, Regenrinnen abgerissen oder die Heizung einfach abgestellt. Solche Methoden nutzten Eigentümer, um ungeliebte Mieter loszuwerden, beklagt der Mieterverein. Ein Beispiel aus Stuttgart sehen Sie im Video.
Hier noch ein ? Video von der Adbusting Plakataktion im Stuttgarter Osten. Dort baut der Privatinvestor SSH Group 48 exklusive Eigentumswohnungen. Kostenfaktor für die 3-Zimmer Wohnungen: 724.000 bis 985.000 Euro. Klar, es wäre nicht das erste Mal, dass Wohnraum gebaut wird, den sich die allermeisten nicht leisten können. Doch in diesem Fall spielten die Stadt Stuttgart und Fritz Kuhn Stuttgart eine tragende Rolle. Denn sie ermöglichte erst dieses Bauprojekt, in dem sie dem Investor das zuvor städtische Grundstück verkaufte und dabei sogar auf Vorgaben – wie z.B., dass ein Teil Sozialmietwohnungen sein müssen – verzichtete! Auf dem ehemaligen städtischen Areal befand sich zuvor der Betriebshof des Garten-, Friedhofs-, und Forstamtes. Das Grundstück ist in einer hochlukrativen Lage am Auslauf der Grünflächen vom Villa-Berg Park. Kein Wunder, dass der Investor daher dort Wohnungen von bis zu knapp einer Million Euro verscherbelt.
Mit der Plakataktion wollen wir auf die Mitverantwortung der Stadt an der Mietenexplosion und Wohnungsnot aufmerksam machen. Wir fordern von der Stadt einen sofortigen Verkaufsstopp von städtischen Grundstücken und Häusern. Die Stadt muss selbst dauerhaft bezahlbaren Wohnraum bauen und nicht die Profitinteressen von Immobilienkonzernen befriedigen. Da der Fall an der Villa-Berg bei vielen Anwohnern zurecht auf Unverständnis stößt, befindet sich für etwaige Rückfragen auf den Plakaten gleich die Büronummer von OB Kuhn.
Globale Finanzunternehmen haben den deutschen Wohnungsmarkt längst als Goldgrube entdeckt und treiben die Preise an. Der Film beleuchtet das große Geschäft mit Immobilien und fragt, ob und wie der Weg aus der Mietpreisspirale gelingen kann.
Europaweit beteiligten sich Menschen in über 60 Städten am Housing Action Day 2021. Für Stuttgart hatten wir als Aktionsbündnis Recht auf Wohnen zu einer Kundgebung im Stadtteil Heslach aufgerufen. Es gab Redebeiträge von Ursel Beck von den Mieterinitiativen zur städtischen Abrisspolitik, konkret vieler Häuser im Hallschlag. Danach folgte ein Redebeitrag von Sabine Vogel für die Initiative “Solidarische Nachbarschaft Schoettle Areal”. Auf dem großen Geände gegenüber vom Schoettle Platz befindet sich aktuell das Statistische Landesamt und Räume der Universität Stuttgart. Das Areal gehört dem Land Baden Württemberg und bereits in wenigen Jahren zieht das Statistische Landesamt aus. Die Initiative will bei der zukünftigen Nutzung nicht nur “mitreden”, sondern selbst Hand anpacken, mitgestalten, einziehen und dort Nutzungsmöglichkeiten schaffen. Mehr Infos zur Initiative auf deren Website. Thomas Adler, Stadtrat und Fraktionsvorsitzender der FrAKTION im Gemeinderat berichtete in seiner Rede von der Neugestaltung des Hofbräu Areals. Auf dem Gelände der Brauerei Hofbräu, ebenfalls in Heslach, wurde ein Teil des Areals abgerissen. Dort baut der Investor Aldi-Süd nun einen Wohnpark mit über 50 Eigentumswohnungen im höherpreisigen Sequment und dazu einen neuen Aldi Supermarkt. Zu den über 50 Eigentumswohnungen gesellen sich dann noch etwa drei Sozialwohnungen. Dieses Bauprojekt ist Teil der fortschreitenden Gentrifizierung in Heslach weil sich die neuen Mietpreise und Kaufpreise der Eigentumswohnungen nur noch wenige werden leisten können. Die Stadt Stuttgart hätte das Areal kaufen und dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen können, diese Chance hat sie wie so oft vertan und das Feld Investoren und Spekulanten überlassen. In der letzten Rede von Rosevita und Adriana, den ehemaligen Hausbesetzerinnen der Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Heslach, wurde das Thema Leerstand und staatliche Repression angesprochen. Die Stadt verhindert keinen Leerstand von Wohnraum, sondern duldet diesen aktiv durch Nichthandeln. Gleichzeitig geht die Stadt und die Justiz mit allen Mitteln gegen Besetzungen vor, mit Zwangsräumungen, hohen Geldstrafen, dutzenden Gerichtsprozessen usw. Rosevita und Adriana machten deutlich, dass es darauf ankommt sich nicht mundtod oder einschüchtern zu lassen. Es komme darauf an zusammenzustehen, Widerstand zu leisten, weiter für bezahlbare Mieten aktiv zu sein. Aber eben auch nicht diesem Staat und seiner Justiz zu vertrauen, die vor allem die Eigentums- und Profitinteressen der Besitzenden schützen.
Bei der Kundgebung erwähnt wurde auch die besonders schwierige Situation für Wohnungsnose und Geflüchtete in Wohnheimen, Not- und Geflüchtetenunterkünften. Dort müssen sie auf engsten Raum miteinander auskommen und leben, in Zeiten der Pandemie eine Zumutung und gesundheitsgefährdend. Gleichzeitig stehen tausende Wohnungen und zehntausende Hotelbetten ungenutzt leer. Auch ein Zustand, für den dieser Staat und die Mehrheit im Gemeinderat durch Nichthandeln die Verantwortung trägt. Auch fehlt es vorne und hinten an Plätzen in Frauenhäusern, in Stuttgart sind es alleine über 90 Plätze. Denn in der Corona Pandemie hat häusliche Gewalt gegen Frauen enorm zugenommen. Auch hier bräuchte es dringend mehr Wohnraum.
Demozug durch Heslach
Im Anschluss an die Kundgebung folgte der größte Teil dem spontanen Aufruf zu einem Spaziergang durch den Stadtteil. Es waren so viele, dass sich daraus ein kleiner Demozug entwickelte. Erste Station war die Wilhelm-Raabe-Straße. Dort stehen heute mittlerweile vier Wohnungen leer. Hier wurden Plakate und Aufkleber angebracht. Ebenfalls an einem weiteren weitgehend leerstehenden Haus in der Taubenstraße. Letzte Station war das Hofbräu Areal wo es eine Durchsage gab.
In der recht kurzen Mobilisierungszeit ist es ein starkes Zeichen, dass sich 200 Menschen an der Kundgebung beteiligt haben und zeigt, dass das Thema nicht in Vergessenheit geraten darf und hier ein enorm großer Handlungsbedarf besteht.
Die Stadträte Hannes Rockenbauch und Thomas Adler mit einer klaren Botschaft an den Immobilienkonzern Vonovia, Stadtspitze und Stuttgarter Gemeinderat. Vonovia besitzt allein in Stuttgart über 4.000 Wohnungen und plant nach Modernisierungen Mieterhöhungen bis zu 65%. Dieses Vorgehen zeigt sehr deutlich, dass nicht die Verbesserung der Wohnsituation und Lebensqualität im Mittelpunkt der Konzernpraxis stehen, sondern größtmögliche Rendite für die Aktionär_innen des börsendatierten Dax-Konzern.