Stadt richtet sich auf 10-jährige Nutzung von Systembauten ein.
Über 100 Systembauten hat die Stadt Stuttgart durch die SWSG bauen lassen, Kosten für einen Bau mit 78 Plätzen 1,9 Mio €. Eine Person hat darin 4,5 qm zur Verfügung. Das b-w Unterbringungsgesetz sieht pro Person 7 qm vor. Weil MP Kretschmann diese rechtliche Vorgabe seit zwei Jahren aussetzen lässt, steht der überwiegenden Anzahl der Bewohner in Systembauten nur 4,5 qm zur Verfügung.
Spätestens nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien mit der Folge, dass Millionen Menschen auch in Europa Schutz suchten und tausende Geflüchteter nach Stuttgart zugewiesen wurden, hätte ein soziales Wohnungsbauprogramm geplant werden müssen, um dem steigenden Anteil an Stuttgarter Bewohnern mit wenig Einkommen kommunale bezahlbare Wohnungen anbieten zu können.Mietpreisen Aber die Stadtverwaltung setzte auf den Bau von Systembauten, von denen noch 2017 neue eröffnet wurden. Bei Eröffnung der ersten Systembauten wurde noch auf eine Höchstbelegzeit von 5 Jahren verwiesen, evt. nur drei Jahre.
Warum diese Unterkünfte mit der Dauer der Jahre zu einer Falle für alle Hoffnungen der Geflüchteten auf ein neues Leben im fremden Land werden, zeigen die Bilder.
Während sich in Tübingen die Stadtverwaltung für “zivilen Ungehorsam gegen Leerstand und für Instandbesetzungen” positioniert, erleben wir von Fritz Kuhn und Co. eine gänzlich andere Linie, geschweige denn von der Polizei und Staatsschutz -> dazu ein kurzes Update zu den Entwicklungen rund um die Wilhelm Raabe Straße:
Vier von fünf Wohnungen im Haus stehen inzwischen leer. Die letzte verbliebene Familie ist derzeit mit einer Räumungsklage konfrontiert, als Begründung muss u.a. ein Fahrrad in der Waschküche und ein Schuhregal im Treppenhaus (das laut Zeugen schon vor ihrem Einzug von den Vormietern dort stand) herhalten. Seit Monaten patroulliert wieder täglich ein privater Sicherheitsdienst im Haus, die Eigentümerfamilie hat eine Überwachungskamera an der Fassade montiert.
Und was machen die Stadtverwaltung, Kuhn und die Justiz? Ein Verfahren gegen die Passys wegen Leerstand wurde nach öffentlichem Druck zwar eingeleitet, ein Bußgeld nach unserem Kentnisstand aber nie verhängt. Dutzende solidarische Menschen und die ehemaligen BesetzerInnen wurden und werden stattdessen mit Gerichtsverfahren überzogen und kriminalisiert. Nun hat der Staatschutz auch akribisch gegen drei Stadträte ermittelt und Strafbefehle gestellt.
Und bei diesen Zuständen wundern sich Stadtspitze und OB Kuhn ernsthaft über Hausbesetzungen? Während sie mit Untätigkeit glänzen explodieren die Wohnungspreise weiter und werden täglich Menschen aus ihren Stadtteilen und vertrauten Nachbarschaften herausgerissen und verdrängt. Macht endlich eine Politik für die einfachen Leute in der Stadt und nicht für Reiche und Kapitalanleger. Um 112 Prozent haben sich die Immobilien seit 2009 in Stuttgart verteuert. Wir halten unsere Füße nicht still, sondern nehmen das Grundrecht auf Wohnen ernst – auch mit der Unterstützung von Hausbesetzungen.
“Was juckt mich mein Geschwätz von gestern”. Mit dieser Haltung glänzt mal wieder die Stadtverwaltung. Im neuen Telefonverzeichnis der Stadtverwaltung für 2020 hat der Immobilienhai “Schwäbische BauWerk GmbH” einen der prominentesten Werbeplätze oben auf der Titelseite bekommen. Also eine Firma, die MieterInnen systematisch verdrängt und regelrecht ausquetscht! Bereits im letzten Wohnungsmarktbericht hatte die Firma mit einer ganzseitigen Anzeige geworben – dies wurde von uns, vom Mieterverein und vielen anderen zurecht heftig kritisiert. Es ist ein Skandal, dass diese Firma weiterhin prominente Werbeplätze auf städtischen Printmaterialien bekommt! Hört endlich auf damit!
“Baugenossenschaft Neues Heim eG und Baugenossenschaft Zuffenhausen eG besitzen in Stuttgart-Rot im Bereich zwischen der Fleiner Straße und dem Rotweg sowie der Schozacher Straße zusammenhängende Grundstücke mit 172 Wohnungen und einer Gesamtfläche von rund 2 Hektar. Die Gebäudesubstanz aus den 50er Jahren, die vorhandenen Grundrisse, aber auch die Möglichkeit, aufgrund der Grundstücksflächen eine qualitative und quantitative Innenentwicklung durchzuführen, hat die Genossenschaften dazu bewogen, die Neubebauung des Quartiers anzustreben.”
Die Bewohner*innen wurden am 25.4.2018 in einem persönlichen Schreiben informiert.
Die Baugenossenschaften informieren frühzeitig (?) und bitten um Unterstützung, damit “diese einmalige Chance, ein Quartier dieser Größe neu zu entwicklen, genutzt werden kann. Es werden mehr dringend benötigte Wohnungen für Stuttgart entstehen und der Stadtteil Rot weiter verbessert und aufgewertet.”
Wohnungen immer noch leer, Familien sollen zahlen:
Am 28. April 2018 besetzten die Alleinerziehende Rosevita mit ihrem Sohn und Adriana mit Partner und Kleinkind zwei schon lange leerstehende Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4. Den Familien ging es wie vielen in Stuttgart: Rosevita hatte ihre alte Wohnung wegen Eigenbedarfs verloren und lebte vor der Besetzung mit Sohn in einem kleinen Zimmer bei ihrer Schwester. Adriana mit Partner und Kind lebten in einer viel zu kleinen Wohnung und hatten zuvor trotz langer und intensiver Suche keine größere bezahlbare Wohnung finden können. Sie forderten bei der Besetzung etwas ein, was gerade in einer reichen Stadt wie Stuttgart eigentlich selbstverständlich sein sollte: Ausreichend Wohnraum zu passablen Mieten. Doch die Eigentümer, die reiche Investorenfamilie Passy aus London, verweigerte jegliche Gesprächsbereitschaft. Nach einem Monat, am 28. Mai 2018, ließ sie die Familien mit einem riesigen Polizeiaufgebot zwangsräumen.
Mit der Zwangsräumung endete ein Monat voller Leben im Haus. Die Wilhelm-Raabe-Straße 4 war ein Ort des Zusammenkommens im Viertel. Viele in der Nachbarschaft hatten Verständnis für die Hausbesetzung, zeigten offen ihre Solidarität und besuchten die Hoffeste. Mit der Besetzung endete auch eine Aktion, die vielen Menschen Mut machte, sich gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn zu engagieren, anstatt sie als Einzelschicksal einfach nur hinzunehmen. Die Besetzung brachte viel ins Rollen: In der ganzen Stadt wurde über Leerstand und Wohnungsnot diskutiert. Die Auseinandersetzung mit der Thematik war wochenlang im Fokus der Öffentlichkeit. Ein Jahr später beteiligten sich tausende Menschen an einer Großdemonstration, es folgten weitere Besetzungsaktionen und Veranstaltungen.
Die Situation im Haus – damals und heute
Zum Zeitpunkt der Besetzung standen in dem Haus mit fünf Wohneinheiten zwei Wohnungen leer. Heute sind es vier, also doppelt so viele wie damals. Doch nicht nur das: Wo früher die Kinder im Hof spielten, wurde eine Steinmauer hochgezogen, an der Fassade Überwachungskameras installiert und ein privater Sicherheitsdienst patroullierte lange Zeit täglich im Gebäude. Die verbliebenen MieterInnen wurden mit einer Flut an Gerichtsklagen überzogen und das ganz offensichtlich mit dem Ziel, sie heraus zu mobben.
Ihre Pläne mit dem Haus sind nach außen unklar. Offenbar benötigt die Eigentümerfamilie den Wohnraum weder selbst, noch ist sie auf Mieteinnahmen angewiesen. Es handelt sich um reiche Spekulanten, die denken sie können mit Wohnraum tun und lassen was sie wollen, während Tausende dringend eine bezahlbare Bleibe suchen und die Zahl der Wohnungslosen seit Jahren wächst.
Wer aufmuckt, wird verklagt
Noch während der Besetzung begann der Staatschutz – die politische Abteilung- von Polizei und Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Sie erhoben Anklage gegen die BesetzerInnen und UnterstützerInnen. Der Leerstand der Wohnungen kostete die Passys hingegen keinen Cent Strafe. Bis heute, hat die Stadt kein Bußgeld wegen Leerstand in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 verhängt und das trotz des bestehenden Zweckentfremdungsverbots. Dagegen wurden im April 2019 Rosevita, Adriana und ihr Partner vor dem Amtsgericht Stuttgart zu Geldstrafen in Höhe von 2.200 Euro verurteilt. Im November 2020 verfügte nun das Oberlandesgericht, dass die drei zusätzlich insgesamt 11.200 Euro für die Räumung an die Eigentümerfamilie Passy zahlen sollen. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind keine mehr möglich. Rechnet man zu dieser Summe die Strafen und Anwaltsrechnungen dazu, sind mehr als 14.000 Euro fällig. Wenn die Passys möchten, könnten sie sogar Löhne, Konten und Rentenansprüche pfänden – eine existenzielle Bedrohung. In diesem System müssen also jene, die keine Wohnung finden konnten und deshalb eine besetzten, auf Biegen und Brechen Geld an jene zahlen, die mehrere Wohnungen besitzen und diese jahrelang leerstehen lassen. Polizei, Justiz und Gesetze sind auf der Seite der Spekulanten, weil sie eben genau diese Verhältnisse mit allen Mitteln durchsetzen und aufrecht erhalten wollen. Wir sind der Meinung: Kriminell sind nicht diejenigen, die leerstehende Wohnungen besetzen, kriminell sind diejenigen, die Häuser aus Profitgier leerstehen lassen.
Zusammenstehen und Spenden
Die BesetzerInnen haben mit ihrer mutigen Aktion einen großen Teil zum Kampf um bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum beigetragen. Die Solidarität, die sie damals erfuhren, ist jetzt wieder notwendig. Darum: Spendet was ihr könnt, damit die fünf nicht auf den Kosten sitzen bleiben – jeder Euro zählt. Damals wie heute gilt: Wir sind alle Wilhelm-Raabe-Straße 4!
Solidaritätskreis „Wir sind alle Wilhelm-Raabe-Straße 4!“
Für diesen Samstag hatten das Besetzungskollektiv und Unterstützer zu einer öffentlichen Veranstaltung ins Alte Feuerwehrhaus in Heslach eingeladen. Rosevita Thomas und Familie Uda berichteten in der Veranstaltung von ihren Beweggründen für die Besetzung der Wohnungen. Stadtrat Tom Adler und André Kaufmann, Gewerkschaftssekretär und Aktivist der Initiative Klassenkampf, behandelten in ihren Redebeiträgen die Wohnungsnot und auch die Rolle der Stadt für die Wohnungsmisere in der Landeshauptstadt. Das trotz recht kurzfristiger Einladung über einhundert Menschen zu der Veranstaltung gekommen sind und viele Besucherinnen und Besucher ihre Solidarität bekundeten und selbst aktiv werden wollen, zeigt den enormen Handlungsbedarf bei den Themen Mietenwahnsinn und Leerstand.
Auch die Besucherinnen und Besucher beteiligten sich an der regen Diskussion die sich dem Podiumsgespräch anschloss.
Immer wieder wurden neben Demonstrationen und anderen Aktionen auch mehr Hausbesetzungen gefordert: „Wir dürfen die Lösung des Problems nicht den Politikern überlassen. Wir müssen das selbst in die Hand nehmen“, so eine Besucherin. Für weitere Planungen haben die Besetzerinnen und Besetzer für kommende Woche zu einem Planungstreffen in die Wilhelm-Raabe-Straße eingeladen.
Im Anschluss an die Veranstaltung folgten einige BesucherInnen noch der Einladung den Abend in den Räumen vom Café Südstern im Linken Zentrum Lilo Herrmann ausklingen zu lassen.
Nach der großen Resonanz auf der Veranstaltung und vielen neuen Aktionsideen von Teilnehmenden der Podiumsdiskussion ist klar: Der Widerstand gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn wird fortgeführt und weiter intensiviert.
Es gibt etwas, das ist aus dem Stuttgarter Stadtbild nicht mehr wegzudenken: Baustellen. Fast überall, von Mitte, über die Innenstadtbezirke bis an den Stadtrand, dröhnen Presslufthämmer, schaufeln Bagger und rattern Kräne. Statt bestehende Gebäude zu sanieren oder umzubauen wird der Bestand abgerissen und neue (Groß-)Projekte realisiert. Die so geschaffene Realität kostet bezahlbaren Wohnraum, führt zu enormen CO2-Emissionen, neue seelenlose Viertel mit Shopping Malls, Hotels und Büros entstehen, Menschen werden aus ihren Wohnungen verdrängt, weil Neubauten zu teuer sind.
Wohnungspolitischer Irrsinn
In der ganzen Stadt werden alte Wohngebäude abgerissen und durch Neubauwohnungen ersetzt. Argumentiert wird oft mit Bedarf nach mehr Wohnraum. So werden ältere Häuser abgerissen, an ihrer Stelle entstehen Neubauten mit mehr Wohnungen. Das klingt zunächst gut, der Teufel steckt aber im Detail. Für Neubauten wurden 2020 im Schnitt 18,70 Euro je Quadratmeter fällig, der Mietspiegel lag damals bei 10,34 Euro/m², gerade Altbauwohnungen liegen, je nach Alter des Mietvertrags oft bei 7 bis 9 Euro. Im Klartext heißt das: Altmieter:innen können sich die neuen Mieten in der Regel nicht mehr leisten und werden verdrängt.
Höhere Mieten in einzelnen Wohnungen führen automatisch auch zu einem höheren Mietspiegel für das umgebende Wohngebiet. Dies ist ein Grund für Vermieter:innen auch in anderen Wohnungen höhere Mieten zu verlangen oder dort Altmieter:innen rauszuwerfen oder rauszuekeln um einen neuen Mietvertrag zu höheren Mieten abzuschließen.
So sind Abrisse ein Treiber von Aufwertung von ganzen Stadtteilen und der Verdrängung der bisherigen Bewohner:innen, die sogenannte Gentrifizierung wird angeheizt.
Ein weiterer Effekt sind Leerstand und Brachflächen. Vor einem Abriss müssen die alten Bewohner:innen logischerweise ausziehen. Gerade bei größeren Wohngebäuden geht das nicht auf einen Schlag, so stehen Wohnungen vor einem Abriss oft jahrelang leer. In den vergangenen Jahren ist zunehmend zu beobachten, dass auch nach Abrissen Grundstücke jahrelang brach liegen bevor mit dem Bau begonnen wird. Der „Kommunistenblock“ in Zuffenhausen, das Hofbräu/Aldi-Areal in Heslach, möglicherweise auch Galeria-Kaufhof in Cannstatt sind nur drei Beispiele dafür.
Umweltpolitischer Irrsinn
Für die Gewinne der Wohnungsbaugesellschaften zahlen nicht nur die ihre MieterInnen. Der Hochbau inklusive Abriss ist für ca. 8 Prozent aller CO2-Emissionen Deutschlands verantwortlich. Die Bauwirtschaft ist für ca. 55% des Müllaufkommens in Deutschland verantwortlich. Im Gegensatz zu vielen anderen Abfallarten wird gerade Abbruchabfall kaum recycelt. Das ist zum einen gesetzlich nur bei wenigen Stoffen vorgeschrieben, in vielen Fällen „zu teuer“ und bei einigen Stoffen auch schlicht nicht möglich.
Dazu kommt die zusätzliche Versiegelung von Böden bei vielen Neubauprojekten, was zu weniger Lebensraum für die Natur und geringerer Lebensqualität der AnwohnerInnen führt. Die Fällung oft auch alter Bäume im Zuge von Neubauten verschlechtert zu dem noch das Stadtklima – etwas, dass in Zeiten von Klimawandel immer wichtiger wird.
Stadtpolitischer Irrsinn
Zu all den knallharten Fakten, die gegen den Abrißwahn sprechen, kommt auch, dass dadurch Nachbarschaften zerstört werden. Menschlich, weil die alten BewohnerInnen, oft mit eher schmalem Geldbeutel, verdrängt werden, aber auch baulich durch den Verlust stadtbildprägender Bebauung. Neubauviertel werden dazu nicht auf die Bedürfnisse der Menschen optimiert, sondern sollen möglichst gewinnbringend ausgenutzt werden. Grünflächen und Begegnungsräume sind seltener vorhanden, diese Viertel sind oft weniger lebenswert.
Außerdem werden an vielen Stellen Unsummen öffentlicher Gelder verschwendet. Nach dem noch laufenden Desaster um den S21-Bahnhof beabsichtigt die Stadtführung nun offenbar die Schleyer-Halle abzureißen und für (Stand jetzt) 250 Millionen Euro neu zu bauen. Nur damit Stuttgart als Veranstaltungsort für einige Stars und Sternchen konkurrenzfähiger gegen Mannheim und München wird, werden Hunderte Millionen Steuergelder investiert.
Auch ist fraglich, weshalb sich mit der SWSG die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft an dem Irrsinn beteiligt. Sie müsste nicht nach dem Prinzip arbeiten, möglichst hohe Gewinne zu erwirtschaften, sondern könnte nach ökologischen und wohnungspolitischen Kriterien handeln.
Schluss damit!
Das Problem ist, dass mit sanierten Altbauten etwa aus den 40er/50er/60er-Jahren wesentlich weniger Miete erzielt werden kann als mit Neubauten. Egal welche Wohnungsgesellschaften, ob große Immobilienhaie, Genossenschaften oder kommunale Wohnungsgesellschaften – im Endeffekt wirtschaften alle nach dem Gewinnmaximierungsprinzip. Daher werden Altbauten oft kaum Instandgehalten (das könnte man nicht auf die Miete aufschlagen) und irgendwann abgerissen um mit Neubauten mehr Profit zu machen.
Eine Sanierung und Modernisierung von alten Wohnungen ist in vielen Fällen technisch machbar und wäre sogar günstiger als der Neubau. Die Sanierung von Altbauten ist wesentlich weniger CO2- und müllintensiv als Abriss und Neubau. Das Aufstocken bestehender Gebäude oder die Nachverdichtung durch Bauen im Bestand (Instandhaltung, Umnutzung, Neuaufteilung) sind ebenfalls Optionen.
Wir fordern: Abrissstopp sofort!
Abrisse nur noch in Ausnahmefällen aus wichtigen Gründen und unter Beachtung der sozialen und ökologischen Auswirkungen
Wohnraum und Umweltschutz statt Profite!
Damit sind wir nicht alleine. Unter anderem der Bund Deutscher Architekten (BDA) und die Architects for Future fordern ein bundesweites Abrissmoratorium.
Graue Energie (Für Errichtung von Gebäuden benötigte Energie)
11 % der globalen CO2-Emissionen entstehen bei der Baustoff-Herstellung. In Deutschland 8 %
Bis 2050 ist eine Verdopplung des weltweiten Gebäudebestands prognostiziert.
Der Neubau ist für ca. 50% der CO2-Emissionen eines Gebäudes verantwortlich
Die Emissionen aus der Herstellung von Baumaterialien (graue Emissionen) und der zugehörige Energieverbrauch (graue Energie) sind heute die wesentlichen Faktoren für Klimaschutz beim Neubau. Bei einem Neubau (KfW55) macht die graue Energie etwa 50 % des Energieverbrauchs im Lebenszyklus aus.
Quelle: Factsheet von BAUWENDE e.V. https://bauwende.de/wp-content/uploads/2020/10/BAUWENDE-Factsheet-Graue-Energie-2020_2.pdf
Negativbeispielprojekte in Stuttgart:
SWSG im Hallschlag
Unter dem Label „Soziale Stadt“ wird der Hallschlag seit 2007 staatlich subventioniert gentrifiziert. Dabei werden bei der SWSG ein Drittel der Bestandsbauten, darunter die stadtbildprägenden Häuser Am Römerkastell für teure Neubauen abgerissen. Frei finanzierte Altbauwohnungen kosteten hier bisher 7,20 Euro bis 8.50 Euro pro Quadratmeter. Die frei finanzierten Neubauwohnungen kosten 11 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter plus Tiefgaragenplatz von 60 Euro. Es findet hier eine enorme Verdichtung statt. Bäume und Grünflächen werden radikal reduziert. Die Häuser stehen mitunter extrem dicht aneinander. Der Autoverkehr nimmt enorm. Für Autos sollen zusätzlich zwei kostenpflichtige Quartiersgaragen gebaut werden. Die Lebensqualität der alten Bebauung geht komplett verloren.
Viele Wohnungen wurden zwar ab 2019 „entmietet“, sind heute also weitgehend unbewohnt, dringend benötigter Wohnraum steht so seit Jahren ungenutzt leer.
Soll laut Plänen der Betreibergesellschaft (stadteigene In.Stuttgart GmbH) 2026 abgerissen werden. Neubau für mehr Gäste und mehr Großveranstaltung „nötig“, Renovierung „nicht ökonomisch“
Stand jetzt ca. 300 Millionen Euro müsste Stadt ersteinmal „investieren“. Beschluss des Gemeinderats steht noch aus.
Artikel der Kontext:Wochenzeitung von 2022: https://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/618/gesucht-huerden-gegen-abrisswahn-8681.html
Zuffenhausen (unvollständige Bestandsaufnahme):
In Zuffenhausen wurden in den letzten gut zehn Jahren Wohnbauten in ganzen Straßenzügen abgerissen. Akteure sind städtische SWSG und verschiedene Baugenossenschaften (BG)
SWSG: Olnhauser, Auricher und Fürfelder Straße (ca. 170 Wohnungen) Abriß & Neubau
BG Neues Heim & BG Zuffenhausen: „Quartier Rot“ zwischen Fleiner Straße und Rotweg (170 Wohnungen). Abriß ab Spätsommer 2023 und Neubau im Rahmen der IBA (Internationale Bauaustellung 2027). Noch sind etliche Wohnungen bewohnt.
BG Zuffenhausen: Stammheimer Straße „Kommunistenblock“ (65 Wohnungen) 2019 abgerissen, jetzt Brachfläche, Neubau soll nach o.g. „Quartier Rot“ fertiggestellt sein. Auch ein IBA27-Projekt.
Flüwo-Hochhäuser Degerloch
In der Straifstraße 11,15 und 17 will die Flüwo drei 1952 gebaute Hochhäuser mit insgesamt 76 Wohnungen für 80 bis 90 Neubauwohnungen abreissen. Auch hier werden die Neubauwohnungen teuer und für die jetzigen BewohnerInnen unbezahlbar werden.
Statistisches Landesamt (Heslach)
Statistisches Landesamt zieht bis Ende 2023 aus. Eigentümerin des Bürogebäudes ist das Land BW. Verkauf an Stadt ist geplant. Nachnutzung unklar, Initiative Schoettle-Areal macht sich für Nutzung für Wohnraum, Soziales und Kultur ohne Abriss stark. Die Stadt positioniert sich dazu seit Jahren nicht klar.