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Mehrheit im Gemeinderat gegen turnusmäßige Mieterhöhung bei SWSG 2019
Im Folgenden ein Beitrag der Mieterinitiativen Stuttgart zu der Entscheidung vom Gemeinderat die turnusmäßige Mieterhöhung bei der SWSG 2019 auszusetzen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Stadt Stuttgart hat auf Antrag der Fraktion SÖS-LINKE-PluS und der SPD am 13.7.2018 entschieden, dass die turnusmäßige Mieterhöhung in 2019 ausbleibt. Offensichtlich aus Angst vor noch schlechteren Wahlergebnissen bei der Kommunalwahl 2019 hat sich die SPD-Fraktion im Gemeinderat erstmals der Forderung von SÖS-LINKE-PluS angeschlossen.
Weil die SPD den Fraktionen CDU, FDP und Freien Wählern an anderer Stelle zu einer Mehrheit verhalf, stimmten diese aus rein taktischen Gründen mit der SPD und gegen Föll. Den Grünen, die diesen Kuhhandel im Ausschuss kritisierten, wurde in der Diskussion wohl zurecht vorgeworfen, dass sie bei den Haushaltsberatungen selbst mit solchen Deals operierten.
Letztlich ist die Mehrheit im Gemeinderat gegen die Mieterhöhung 2019 jedoch eine Erfolg des öffentlichen Drucks, der von den Mieterinitiativen seit Jahren aufgebaut wird und in den Wochen vor der Abstimmung zusätzlich von Protesten des Aktionsbündnisses Recht auf Wohnen und den Besetzungen in der Wilhelm-Raabe- und Daimlerstraße massiv befördert wurde.
Seit Jahren fordern die SWSG-Mieterinitiativen einen Mietpreisstopp bei der SWSG.
Erstmals wurden 2015 gegen die Mieterhöhung 2016 Protestaktionen vor dem Rathaus und vor der Aufsichtsratsitzung organisiert. Das Ergebnis war, dass die Mieten 2016 nicht wie ursprünglich geplant um bis 10%, sondern um maximal 6% erhöht wurden.
Anlässlich der Vorstellung des Geschäftsberichts der SWSG im Gemeinderat im Juni 2018 mit einem Gewinn von 18,7 Millionen Euro vor Steuern hatten die SWSG-Mieterinitiativen angekündigt, die Mieter*innen für einen Mietpreisstopp zu mobilisieren, sollte die für 2019 geplante Mieterhöhung durchgeführt werden. Die Voraussetzungen diese Mieterhöhung zu verhindern, schienen wegen der gestärkten Position der SWSG-Mieterinitiative und der bevorstehenden Kommunalwahl besonders günstig. Hinzu kommt, dass die Mieterinitiativen durch die Mieterbeiratswahlen 2017 stärker im SWSG-Mieterbeirat vertreten sind.
In der Vergangenheit hatten außer den Vertreter von SÖS-LINKE-PluS im Aufsichtsrat alle Gemeinderäte, die im Aufsichtsrat der SWSG sind, Mieterhöhungen zugestimmt. Im Oktober 2015 hatte die Fraktion SÖS-LINKE-PluS gefordert auf die Mieterhöhung 2016 zu verzichten. Dieser Antrag bekam nur die drei Stimmen von SÖS-LINKE-Plus. Die SPD und alle andere Fraktionen lehnten damals diese Forderung ab. Die SPD stellte den Antrag, dass die Mieten der SWSG so erhöht werden, dass die SWSG ab Juli 2016 jeden Monat eine Viertel Millionen mehr einnimmt. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Bei der Vorstellung des Geschäftsberichts der SWSG am 17.6.2016 mit einem Gewinn von 20.4 Millionen Euro vor Steuern stellte die Fraktion SÖS-LINKE-PluS den Antrag den Beschluss der Mietererhöhung von bis 6% ab 1.7.2016 zurückzunehmen. Nur die Gemeinderäte von SÖS-LINKE-PluS stimmten dafür. SPD und AFD enthielten sich und alle anderen stimmten dagegen.
Am 6. Juni 2018 hatte die Fraktion SÖS-LINKE-PluS im Gemeinderat einen Antrag eingebracht mit folgenden vier Forderungen:
- Die SWSG verzichtet auf die turnusmäßig für das Jahr 2019 eingeplante Mieterhöhung.
- Bei Wiedervermietung wird die Miete nicht erhöht. Dies gilt sowohl für frei finanzierte als auch für Mieten mit Satzungsmiete.
- Beim Auslaufen von einkommensabhängiger Förderung wird die Miete nicht erhöht.
- Für alle vom Land geförderten und auslaufenden Sozialbindungen wird entsprechend den Möglichkeiten des aktuellen Landeswohnraumförderungsprogramms eine Verlängerung der Förderung beantragt.
Hier ist der ganze Antrag
Antrag von SÖS-LINKE-Plus gegen Mieterhöhung
Zusätzlich hatte die Fraktion SÖS-LINKE-PluS gefordert, dass bei Modernisierungen maximal 4% der Kosten auf die Mieter umgelegt werden.
Antrag auf Begrenzung Modernisierungsumlage
Am 8.6.2018 zog die SPD mit einer Pressemitteilung nach. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Martin Körner erklärte: „Mindestens fünf Jahr sollten die SWSG-Mieten nicht erhöht werden“. https://www.spd-stuttgart-west.de/meldungen/wohnungspolitik-spd-macht-neue-vorschlaege/
Am 6.7.2018 reichte die SPD dann einen Antrag im Gemeinderat ein, in dem „die SWSG im kommenden Jahr auf eine Mieterhöhung verzichtet“ .
https://www.spd-rathaus-stuttgart.de/antraege-juli-2018/s:100374/
Von fünf Jahre Mietverzicht ist im Antrag der SPD keine Rede. Und auch in der Debatte im Gemeinderat sprach sich kein SPD-Gemeinderat dafür aus. Stattdessen betonte Martin Körner, dass es um eine „einmaligen Nullrunde“ gehe. Dem schlossen sich dann auch CDU- und andere Gemeinderäte aus dem bürgerlichen Lager an und sprachen davon, „man könne mal eine Ausnahme machen“.
Warum es diese Ausnahme in 2019 bei den Mietenerhöhungen der SWSG geben soll, ist ziemlich offen sichtlich. Es geht darum, dass nächstes Jahr nicht vier Wochen vor der Gemeinderatswahl Mieterhöhungsschreiben an die 11.000 Mieterhaushalte der frei finanzierten Wohnungen verschickt werden sollen, wenn gleichzeitig auf Wahlplakaten bezahlbarer Wohnraum für alle versprochen werden soll. Der SPD geht es also um Wählerstimmen, nicht um die Interessen der Mieter*innen. Die Fraktion SÖS-LINKE-Plus betonte in der Debatte im Gemeinderat, dass es für sie nicht um eine Ausnahme gehe sondern um die konsequente Fortsetzung ihrer seit Jahren eingeforderten Linie eines Mietpreisstopps bei der SWSG.
Gegen die Aussetzung der Mieterhöhung bei der SWSG sprachen sich Finanzbürgermeister und SWSG-Aufsichtsratsvorsitzender Föll und die grünen Gemeinderäte aus. Föll plädierte für eine Mieterhöhung von 3 bis 4%. Die Grünen, die in den letzten Wahlkämpfen mit dem Versprechen von „bezahlbarem Wohnungen für Geringverdiener und Familien mit Kindern“ hausieren gingen, lehnten eine Aussetzung der Mieterhöhungen grundsätzlich ab. http://www.lust-auf-stadt.de/index.php?article_id=1944
Auf der website der SPD-Gemeinderatsfraktion erklärt Martin Körner in seinem Wochenbericht vom 16.7.2018, dass 13 von 17 Stadträtinnen und Stadträte „unserem Vorschlag“ zustimmten, die Mieten bei der SWSG nicht zu erhöhen. Wer die Debatten im Gemeinderat verfolgt hat, weiss, dass es die Fraktion SÖS-LINKE-PluS war, die vier Wochen vor der SPD einen Antrag gegen die Mieterhöhung gestellt hat. Und es war auch nicht der Antrag der SPD, sondern der Antrag von SÖS-LINKE über den abgestimmt wurde und der für den Verzicht auf die turnusmäßige Mieterhöhung bei der SWSG eine Mehrheit von dreizehn zu vier grüne Gegenstimmen bekam.
Die Forderungen von SÖS-LINKE-PluS bei Wiedervermietung die Mieten nicht zu erhöhen, die Preisbindung von geförderten Wohnungen zu verlängern und die Modernisierungsumlage auf maximal 4% zu begrenzen, wurde von der SPD und allen anderen Fraktionen und Gemeinderäten abgelehnt.
Die Aussetzung der Mieterhöhung in 2019 ist ein Erfolg für die Mieter*innen der SWSG. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich nach der Kommunalwahl wieder neue Mehrheiten im Gemeinderat oder SWSG-Aufsichtsrat finden, um ein oder zwei Jahre später die Mieten bei der SWSG zu erhöhen. Die SWSG-Mieterinitiativen werden hier wachsam sein.
Das Ausbleiben der Erhöhung der Grundmiete bedeutet auch nicht, dass die Warmmieten nicht weiter ansteigen. Denn die Vergabepraxis der SWSG an Fremdfirmen und das Betriebskostenmanagement der SWSG führen dazu, dass die Betriebskosten weiter steigen. Auch hier sind die SWSG-Mieterinitiativen am Ball und kämpfen weiter für niedrigere Betriebskosten und korrekte Abrechnungen.
StZ: Stuttgart ist jetzt die teuerste Großstadt Deutschlands
Dass Wohnen in Stuttgart mehr kostet als anderswo, ist bekannt. Eine neue Auswertung zeigt jetzt aber, dass die schwäbische Metropole bei den Mietpreisen die bisher teuerste Stadt München eingeholt hat. Weiter zum Artikel in der Stuttgarter zeitung
Mieter beklagen Verdrängung und veranstalten eine Demo
Ein Unternehmen hat ein Gebäude in Stuttgart-West gekauft und will es umfangreich sanieren – um dann die Mieten erhöhen zu können. Nun regt sich Widerstand. Im Frühjahr 2018 hat die Privatbesitzerin das Haus mit den acht Parteien an der Forststraße 168 im Westen an die Stuttgarter Firma Schwäbische Bauwerk verkauft. „Sie meinte noch, wir sollen uns keine Sorgen machen“, sagt Mieterin Tanja Klauke. Im November dann der Schock: Die neuen Vermieter kündigen ihren Mieter schriftlich umfangreiche Modernierungsmaßnahmen an. Die Liste der geplanten Projekte umfasst zwei Dutzende Punkte. Darunter sind Sachen wie eine sparsamere Toilettenspülung, ein Außenaufzug und zahlreiche Schutzmaßnahmen gegen Einbruch. Zudem habe die Firma darauf hingewiesen, dass während den Bauarbeiten die Wohnungen wohl kaum bewohnbar seien, erzählt Klauke.
StZ: Mieterverein: Stadt leistet Beihilfe zur Mietervertreibung
Der folgende Artikel ist aus einem Beitrag der Stuttgarter Zeitung: Der Mieterverein Stuttgart hat in scharfer Form eine Anzeige in der neuesten Ausgabe des amtlichen Wohnungsmarktberichtes der Stadt Stuttgart kritisiert. Dort bemühe sich die Firma Schwäbische Bauwerk GmbH um den „Eigenankauf von Mehrfamilienhäusern ab drei Wohneinheiten“ – doch der Firma wirft der Mieterverein vor, dass sie nach Käufen mit „wilden Geschäftsmethoden“ und drastischen Mieterhöhungen Mieter „rücksichtlos hinausmodernisiert“. Im Haus Forststraße 168 im Stuttgarter Westen seien Mieterhöhungen von bis zu 137 Prozent (von 667 Euro auf 1155 Euro) angedroht worden. In der Reinsburgstraße 65, ebenfalls im Westen, solle ein Rentnerehepaar nach der Modernisierung statt 431 Euro zukünftig 1139 Euro Kaltmiete bezahlen, erklärte der Mieterverein. Dies sei eine Steigerung um 165 Prozent.
Der Vereinsvorsitzende Rolf Gaßmann kreidete der Stadtverwaltung an, sie helfe dem „stadtbekannten Geschäftsführer“ der Firma und „Spekulanten“, weitere Mehrfamilienhäuser zu erwerben und Mieter zu vertreiben. Diese Beihilfe sei eine „ nicht zu entschuldigende Instinktlosigkeit“.
Stadtverwaltung reagiert auf Kritik
Am Dienstag reagierte die Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung. Der Wohnungsmarktbericht erscheine im zweijährigen Turnus. Die kritisierte Anzeige sei schon im vorigen Bericht im Jahr 2017 erschienen. Sie sei auch Bestandteil des Mietspiegels, den das Statistische Amt der Stadt in Kooperation mit dem Mieterverein und dem Verein Haus und Grund erstelle. Die Kritik vernehme man aber erstmals. Besonders erstaunlich sei, dass der Mieterverein jetzt öffentlich daran Anstoß nehme. „Auch der scharfe Ton ist neu“, erklärte Sven Matis, Sprecher der Stadt. Solche Anwürfe seien der Verwaltung aus der vertrauensvollen Zusammenarbeit unbekannt. Man werde beim nächsten Bericht aber prüfen, inwiefern die Stadt „auf Anzeigen Dritter grundsätzlich verzichten“ könne, um „die Objektivität noch stärker herauszustellen“.
Schwäbische Bauwerke lässt Vorgang von Anwalt prüfen
Von dem Geschäftsführer der Schwäbische Bauwerk, Marc-René Ruisinger heißt es dazu: „Diese Anschuldigungen des Vorsitzenden des Mietervereins werten wir als Rufmord und werden wir durch unseren Rechtsanwalt prüfen lassen.“ Zum jetzigen Zeitpunkt wolle man daher keine ausführliche Stellungnahme abgeben. Ferner handle die Schwäbische Bauwerk „weder rücksichtlos noch werden Mieter ausgepresst noch verfolgt sie wilde Geschäftsmethoden“. Ruisinger betonte noch, bis heute seien in den genannten Objekten keine Modernisierung ausgeführt, entsprechend auch keine derartigen Modernisierungsumlagen abverlangt worden.
Das Thema könnte auch noch die Stadträte beschäftigen. Der Grund: An diesem Freitag wird der Wohnungsmarktbericht dem Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vorgestellt.
Stellungsnahme und Erklärung zur Hausbesetzung: Jahrelanger Leerstand beendet
Im folgenden dokumentieren wir die Stellungsnahme und Erklärung der BesetzerInnen (Quelle):
Wir haben soeben das Haus in der Forststraße 140 besetzt. Nach einer Kundgebung gegen Modernisierungsvertreibung in der Forststraße 168 haben wir festgestellt, dass wenige Meter weiter ein Haus bereits seit Jahren leersteht. Die Türen standen offen. Es wäre unverantwortlich gewesen, diesen Zustand weiter andauern zu lassen. Wir werden erst einmal bleiben um auf den unsinnigen Leerstand bei gleichzeitiger Verdrängung in Stuttgart aufmerksam zu machen. Wir fordern, dass die Wohnungen in dem mehrstöckigen Haus mit über 20 leerstehenden Zimmern unverzüglich in bezahlbaren Wohnraum umgewandelt werden. Zwei Nachmieterinnen haben sich gefunden: Tanja und Rosevita würden hier sehr gerne einziehen.
Derzeit findet im besetzten Haus ein Fest mit mehr etwa 100 Menschen statt. Kommt vorbei, beteiligt euch und besichtigt die Wohnungen!
Leerstand seit zig Jahren
Das Haus in der Forststraße 140 steht bereits seit etlichen Jahren leer, dies haben uns mehrere Nachbarn bestätigt. Wie lange genau, wissen wir nicht. Der Zustand der Wohnungen lässt vermuten, dass die schönen Altbauwohnungen möglicherweise bereits seit über 10 Jahren leerstehen. Die Wohnungen sind größtenteils renovierungsbedürftig, so sind teilweise Böden herausgerissen, ein neuer Anstrich wäre ebenfalls nötig. Alles in allem aber kein unmachbarer Aufwand. Vielleicht könnten potentielle neue BewohnerInnen das sogar selbst erledigen.
Fakt ist: Häuser verfallen langsam aber sicher, wenn sie nicht bewohnt werden. Es wäre eine Schande, wenn auch dieses Haus dieses Schicksal ereilen würde.
Wer Eigentümer ist, konnten wir noch nicht herausfinden. Es ist auch egal. Dieses Haus wird nun wieder belebt. Alles andere wäre Wahnsinn!
Wohnraum für Betroffene von Verdrängung
Zwei Frauen würden in Wohnungen der Forststraße 140 gerne einziehen: Die eine ist Tanja Klauke. Sie wohnt bisher ein paar Meter weiter in der Forststraße 168 und wird wohl bald ausziehen müssen. Der Grund: Sie wohnt bisher zu einer leistbaren Miete – für Stuttgarter Verhältnisse sogar recht günstig: 488,30 Euro für 66 Quadratmeter. Ihre Vermieterin, die Stuttgarter Immobilienfirma „Schwäbische BauWerk GmbH“ hat ihr im Winter eine „Modernisierungsankündigung“ geschickt. Ihre Wohnung soll sich über lange Zeit in eine Baustelle verwandeln, dann soll sie 1155,24 Euro Miete zahlen. Das kann sich die Die 44-jährige Krankenpflegerin im Katharinenhospital aber nicht leisten. Dabei ist die Wohnung noch gut in Schuss, ein paar Kleinigkeiten könnte man schon richten, notwendig ist eine Generalsanierung aber bei Weitem nicht. Tanja würde zu gleichen Konditionen wie bisher in eine der bisher leerstehenden Wohnungen ziehen.
Das Vorhaben der „Schwäbische BauWerk GmbH“ wird sich leider kaum verhindern lassen. Darum ist Tanja schon jetzt auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Für ein Krankenpflegerinnenlohn ist das in Stuttgart aber keineswegs einfach. Zuletzt Schlagzeilen machte der Fall des Klinikums-Personalwohnheims am Prießnitzweg. Auf dem Gelände soll neu gebaut werden, danach werden viele Mieten kräftig erhöht. Das ist also auch keine Option. Gerade in Zeiten von Überlastung, niedrigen Löhnen und Personalmangel in der Pflege zeigt ihr Fall, welche dramatischen Folgen die Neoliberalisierung von Gesundheit und Wohnungsbau haben.
Die andere Frau, die in eine Wohnung einziehen würde, ist Rosevita Thomas. Die alleinerziehende Mutter eines zehnjährigen Sohnes wurde bereits vor über einem Jahr aus ihrer Wohnung im Westen geworfen, angeblich aus Eigenbedarf. Heute ist in der Wohnung ein Architektenbüro. Sie besetzte im Frühjahr letzten Jahres eine von zwei Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Stuttgart Heslach. Nach einem Monat wurde sie zwangsgeräumt, die Wohnungen dort stehen immer noch leer und Rosevita muss sich seitdem mit ihrem Sohn ein kleines Zimmer bei ihrer Schwester teilen. Fündig ist sie auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt seitdem nicht geworden. Eine Wohnung in der Forststraße 140 wäre für die beiden optimal, sie hätten wieder eine eigene Bleibe in ihrer früheren Nachbarschaft.
Ein riesiges Problem
Die Geschichten von Tanja und Rosevita sind keine Einzelfälle. Wie ihnen geht es Tausenden Menschen allein im Großraum Stuttgart. Ihre Fälle erzählen so vor allem die Geschichte eines riesigen sozialen Problems dem PolitikerInnen und Immobilienmarkt nichts entgegenzusetzen haben. Die Antworten, die sie geben, bauen auf Zuschüsse für Immobilienfirmen und wirkungslose Reformen. Die Mietpreisbremse etwa wirkt nicht, das Baukindergeld erreicht die wirklich Bedürftigen nicht und spült nur noch mehr Geld in die Taschen von Bauunternehmen. Einfach nur mehr zu bauen ist zu kurz gedacht, wer kann sich schon Neubaumieten leisten? Der Bau von Sozialwohnungen zielt ebenfalls auf Bezuschussung von gewinnorientierten Unternehmen. Die Mieten für solche Wohnungen sind zwar etwas günstiger, fallen aber in der Regel aber 15 bis 20 Jahren wieder aus der Mietpreisbindung.
Die Geschichten von Rosevita und Tanja zeigen auf, wie Frauen im Besonderen von dem Problem betroffen sind. Tanja arbeitet im Pflegesektor, in dem die Löhne wesentlich niedriger sind als in vorwiegend von Männern ausgeübten Berufen. Auch Alleinerziehende, wie Rosevita, haben es erfahrungsgemäß schwerer bei der Wohnungssuche. Gerade angesichts des gestrigen Frauenkampftags, an dem auch in Stuttgart Hunderte auf die Straße gegangen sind, ist dieser Aspekt noch einmal besonders hervorzuheben.
Was wir wollen
Erst einmal haben wir keine großen Erwartungen an Politik und Investoren. Sie haben über Jahre des Wirtschaftens für Profitinteressen statt für Menschen die Wohnungskrise erst verursacht. Heute sind sie nicht fähig – noch willens – dieses Problem zu lösen. Darum appellieren wir an alle Menschen, selbst aktiv zu werden. So wird es am 6. April eine große Mietendemo in Stuttgart gebenum zu zeigen, wie viele Menschen wütend auf die Situation auf dem Wohnungsmarkt sind. Dort wird es den BESETZEN-Block als Teil der Demo geben mit welchen noch einmal explizit die Ursache der Wohnungskrise (und vieler anderen Krisen), der Kapitalismus, thematisiert werden soll. Beteiligt euch daran!
Es gilt: Wenn nicht viele Menschen selbst aktiv werden und sich langfristig zusammenschließen, wird sich gar nichts ändern. Dennoch fordern wir bezogen auf das besetzte Haus eine, eigentlich ganz selbstverständliche Sache: Die Wohnungen müssen in bezahlbaren Wohnraum umgewandelt werden. Eine Renovierung ist sicher notwendig, eine Luxussanierung darf es aber nicht geben. Und natürlich sollen Tanja und Rosevita hier einziehen.
Besonders sehen wir die Stadt hier in der Verantwortung sich sofort und mit allen Mitteln dafür einzusetzen. Es sei an dieser Stelle auch an die seit 2016 geltende Zweckentfremdungssatzung erinnert, die jedoch bis dato in keiner Weise wirksam durchgesetzt wurde. Im konkreten Fall der Forststraße 140 wäre daher die Enteignung ein gerechtfertigtes, wirksames und signalstarkes Mittel. Einige der aktuell 4700 auf der städtischen Warteliste für eine Sozialwohnung stehenden wohnungssuchenden Haushalte würden es sicher danken!
Website und Infoportal: www.leerstand-beleben.tk
Mieterin kämpft um Dachboden-Zugang
Die Auseinandersetzungen rund um die Wilhelm-Raabe-Straße gehen weiter. Hier ein Beitrag von Regio TV Stuttgart zu der Gerichtsverhandlung wegen MieterInnenmobbing durch die Eigentümerfamilie Passy in der Wilhelm-Raabe-Straße.
Der Eigentümerin und ihrer Anwaltskanzlei M\S\L Dr. Silcher Rechtsanwälte scheinen jedes Mittel Recht um die zwei letzten Mietparteien im Gebäude herauszuekeln: Private Securitys die im Gebäude patroulierten, Räumungsklagen, Auskunfts- und Kontaktverweigerung und und und. Doch eines steht trotz allem fest – der Widerstand gegen die Verdrängung geht weiter!
https://www.facebook.com/RechtaufWohnen/videos/340940630055348/
Quelle: https://www.regio-tv.de/video_video,-mieterin-k%C3%A4mpft-um-dachboden-zugang-_vidid,151336.html